Neu von Cappellini: Tube Chair von Joe Colombo

Neu von Cappellini ist die Reedition des legendären Tube Chair von Joe Colombo. Der Multifunktionssessel aus den Jahren 1968/89 gilt als eines der wichtigsten Möbel des italienischen Designers, der 1971 viel zu früh verstarb. Schon Vitra wollte diesen Designklassiker im Rahmen der großen Joe Colombo Retrospektive 2006 im Vitra Design Museum neu auflegen, was damals leider aber nicht realisiert wurde…Vor etlichen Jahren waren wir selbst im Besitz von zwei original Tube Chairs aus der ersten Flexform-Produktion. Leider hatten diese Originale nur noch einen historischen Wert für Sammler oder Museen und waren für den täglichen Einsatz nicht mehr zu gebrauchen. Denn – obwohl diese beiden Tube Chairs nie benutzt wurden – schnell löste sich die Kunststoffpolsterung und die Kunststoffkugeln der Metallklammern ließen sich wie Knete verformen.

Kunststoff ist nicht für die Ewigkeit.

Mit anderen Worten – diese Tube Chairs konnten nur noch vorsichtig und museumsgerecht behandelt werden. Denn nach über 40 Jahren beginnen sich die damals verwendeten Kunststoffe aufzulösen. Heute stehen daher viele Museen vor ähnlichen Problemen mit Kunststoffmöbeln, die entsprechend konserviert werden müssen, was häufig nicht machbar ist. Oft kann man den Verfallprozess nur verlangsamen.

Lieferung wieder im Jutebeutel: Die Neuauflage von Cappellini

Bereits in den 1970er Jahren wurden die vier Röhren des Tube Chairs von Joe Colombo in einem Jutebeutel geliefert. Dies hat Cappellini richtigerweise für die neue Edition übernommen: denn jeder Tube Chair besteht aus vier unterschiedlich großen Röhren (Tubes), die mittels Metallklammern miteinander verbunden werden. So kann der Verbraucher die Form und Position individuell eingestellen – fertig ist der Sessel.

Tube Chair von Joe Colombo

Erhältlich ist der neue Tube Chair von Cappellini in den fünf Farben türkis, orange, gelb, schwarz oder weiß. Optional ist diesmal eine Ausführung in Leder zusätzlich möglich.

Reedition versus Original

Immer wieder werden wir in spannende Diskussionen verwickelt, in denen vor allem Sammler und Designgalerien die Reeditionen ablehnen. Für sie zählt meist nur das Original aus der ersten Produktion oder die ganz frühe Ausführung. Hierbei ist natürlich auch der Preisfaktor interessant – so kostet ein original Tube Chair von Flexform in Designauktionen bis zu EURO 10.000,00. Und die Neuauflage von Cappellini ist zwar mit EURO 2.615,00 immer noch relativ teuer – aber bei weitem günstiger. Wird damit der Markt für alte Tube Chairs nun zusammenbrechen und die Originale unverkäuflich?

Nein. Die Erfahrung zeigt, dass eine Reedition meist nur wenig Einfluss auf die Preise für die Liebhaberobjekte hat. Gerade bei seltenen Designobjekten wie frühe Originale von Sarfatti, Mollino, Perriand oder Prouvé hat sich der Wert trotz neuer Editionen von Flos, Zanotta, Cassina und Vitra unverändert weiter nach oben entwickelt. So wird es auch beim Tube Chair von Joe Colombo der Fall sein. Anders ist der Situation bei Objekten, die früher in größeren Stückzahlen produziert wurden, wie die Kaiser Idell Leuchten von Christian Dell oder die Muschelleuchten von Verner Panton. Hier haben die Reeditionen von Fritz Hansen und Verpan dazu geführt, dass die Preise der alten Leuchten aus den damaligen Produktionen von Kaiser und Lüber nicht mehr steigen – oder teilweise sogar die Nachfrage sinkt.

Ein weiteres Argument der Reeditionsgegner ist, dass die Werkstoffe und die Verarbeitung damals anders war und die heutige Edition eine Kopie sei. Dazu muß man anmerken, dass heute natürlich die aktuellen Produktionsmethoden und Technologien miteinfließen. So legte Flos die Sarfatti-Edition bewusst in der zeitgemäßen LED-Technologie auf, als eine Reminzenz an den Meister des Lichts, der damals selbst immer die modernste Technik für seine Entwürfe verwendete. Auch werden im Rahmen von Produktionsprozessen bei Herstellern immer wieder Komponenten eines Möbels oder einer Leuchte geändert und aktualisiert, teilweise aus wirtschaftlichen Gründen oder aus technischen Gründen (wie häufig bei Leuchten). Dies sind ganz normale Industrieprozesse – in einem Golf von heute finden sich exemplarisch auch keine Teile aus der ersten Produktion der 1980er Jahre wieder.

Und eine “Kopie” ist die Neuauflage auch nicht. Kopien oder Fakes sind nicht lizensierte Nachbauten dvon Designklassikern, die häufig in China oder England zu einem Bruchteil des regulären Verkaufspreises und häufig in minderwertiger Qualität nachgebaut werden. Reeditionen sind dagegen heutige Originale, die mit Lizenz des Entwerfern oder seine Nachfahren wieder aufgelegt werden (oder immer noch produziert werden, wie der Stapelstuhl SE68 von Egon Eiermann). Und Reeditionen ermöglichen auch Designfans mit einem kleineren Geldbeutel mit den Lieblingsmöbel ihres Designers zu wohnen und zu leben – eine Demokratisierung des Designs.

Reeditionen sorgen auch dafür, dass bestimmte Designer oder Künstler nicht in Vergessenheit geraten und das ihr Werk wieder wahr genommen wird. Exemparisch das Werk von Hans Gugelot, von dem heute nur noch der Ulmer Hocker und das Bett 1085 produziert werden. Seine weiteren Entwürfe werden kaum noch gewürdigt, das Werk gerät immer mehr in Vergessenheit, da seine Möbel und Designs nicht mehr produziert werden. Dies wollten wir z. B. mit unserer letztjährigen Ausstellung Das Werk von Hans Gugelot ändern. Man kann sicherlich noch zahlreiche weitere Beispiele an vergessenen Designern finden – wir freuen uns auf Ihr Feedback. Dafür haben wir bei Facebook extra einen Diskurs gestartet…

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