Ausstellung zu den Passagen 2023: Das Œuvre von Alexander Girard

Der in New York geborene Alexander Girard (Spitzname Sandro) zählt zusammen mit Charles & Ray Eames, George Nelson und Eero Saarinen, mit denen er auch freundschaftlich eng verbunden war, zu den prägenden Persönlichkeiten des amerikanischen Designs des 20. Jahrhunderts. Sein vielfältiges und farbenfrohes Œuvre umfasst Textil- und Produktdesign, Architektur, Corporate Identity und Grafik. Zusammen mit Vitra, Knoll International und dem Designarchiv toadarchive.com zeigt Markanto Arbeiten aus seinem Werk.

Alexander Girard

Alexander Girard in den 1950er Jahren, Abbildung © (2023) Girard Studio, LLC. All rights reserved.

1907 als Sohn einer Amerikanerin und eines Italieners mit französischen Wurzeln geboren, wuchs Alexander Girard zunächst auf dem väterlichen Anwesen in Florenz auf. Geprägt von seinem familiären, internationalen Hintergrund, verbrachte Alexander Girard seine Jugend und Ausbildungszeit in verschiedenen europäischen Ländern, bevor er sich schließ- lich in den USA niederließ: Im Alter von zehn Jahren besuchte er die Bedford Modern School, ein Internat in England. Anschließend studierte er Architektur an der renom- mierten Architectural Association School of Architecture in London. Nach seinem Studien- abschluss im Jahr 1929 nahm er erste Aufträge an und gestaltete etwa für die Gilde der Florentiner Kunsthandwerker einen Showroom auf der Weltausstellung in Barcelona. In den Jahren 1930 und 1931 vertiefte er seine Architekturstudien an der Scuola Reale di Architettura in Rom. Gleichzeitig arbeitete er zudem für Architekturbüros in Paris und Stockholm, bevor es ihn 1932 zurück an seinen Geburtsort New York zog.

Dort eröffnete er das Design Office, in dem er sowohl ausgewählte Möbel und Dekorationsartikel verkaufte, als auch seine Dienste als Innenarchitekt anbot. So gestaltete er etwa das Interieur des Café Trouville in der 52nd Street mit europäisch-internationaler Thematisierung. Gleichzeitig absolvierte er an der New York University bis 1935 ein wei- teres Architekturstudium. Mit Abschluss dieses Studiums durfte sich Girard als selbstständiger Architekt in den USA niederlassen. Im Jahr 1935 heiratete er Susan Needham und zog mit ihr im Folgejahr nach Detroit im Bundesstaat Michigan. Dort arbeitete er unter anderem im Auftrag von Ford, der Lincoln Motor Company und des Radioherstellers Detrola. Für alle drei Unternehmen gestaltete er die Interieurs von Büroräumen und Betriebskantinen. Für Detrola lieferte er außerdem Produktentwürfe.

Im Jahr 1948 ließen sich Girard und Needham mit ihren zwei Kindern in einem von dem Architekten entworfenen Haus in Grosse Pointe, einem Vorort von Detroit nieder, wo Girard erneut ein Geschäft eröffnete. Dort verkaufte er dekorative Figuren und Spielzeuge. Für das Detroit Institute of Arts kuratierte Girard zu dieser Zeit die Ausstellung „For Modern Living“, die aktuelle Möbel, Gebrauchsgegenstände, Spielzeuge und Textilien präsentierte. Zu den Exponaten zählten auch die damals noch vollkommen neuen Plywood Chairs nach Entwurf von Charles und Ray Eames. Zum Ehepaar Eames entwickelte sich zu dieser Zeit eine enge Freundschaft. Ab 1951 leitete Girard die Textilabteilung des ebenfalls in Michigan, allerdings im rund 250 km von Detroit entfernten Ort Zeeland, beheimateten Möbelherstellers Herman Miller. Dort arbeitete er neben den Eames auch eng mit dem George Nelson Office zusammen. In seiner mehr als 20 Jahre währenden Tätigkeit für Herman Miller entwarf Girard rund 300 Muster für Textilien. Seine meist verspielten und farbenfrohen Motive reichen von geometrischen Rapporten über typographische Gestaltungen – etwa das bekannte Love Heart – bis hin zu floralen Ornamenten und Motiven, die von der lateinamerikanischen und asiatischen Volkskunst inspiriert sind, die er auf zahlreichen Reisen erkundete und sammelte. Im Rahmen der Ausstellung zeigt Markanto in Zusammenarbeit mit dem Designarchiv toadarchive.com eine Auswahl seiner vielfältigen Textilentwürfe.

Im Jahr 1953 zog die Girard-Familie weiter nach Santa Fe im Bundesstaat New Mexico. Alexander Girard hatte dort ein jahrhundertealtes Haus, das der lokalen Bautradition entsprechend aus Lehm errichtet war, erworben. Das Haus, in dem er bis zu seinem Tod im Jahr 1993 wohnte, diente dem Innenarchitekten gleichzeitig als eine Art lebendes Labor, das er immer wieder von Grund auf neu einrichtete. Aus New Mexico setzte er seine Arbeit für Herman Miller fort und nahm außerdem Aufträge als Innenarchitekt und Designer an. So richtete er etwa im Jahr 1957 das Haus des Regisseurs Billy Wilder ein.

Die Ausstellung zu den Passagen in Köln konzentriert sich auf vier Ausschnitte aus dem überwältigend großen Werk Girards. Neben den schon erwähnten Textilentwürfen für Herman Miller handelt es sich dabei um zwei Interieurs und ein Corporate Design: 

Das Restaurant La Fonda del Sol, New York

 Für das 1959 im Erdgeschoss des New Yorker Time & Life Building (Redaktionssitz der beiden gleichnamigen Magazine) eröffnete Restaurant La Fonda del Sol entwarf Girard die Inneneinrichtung. Für die knapp vierhundert Sitzplätze des lateinamerikanischen Restaurants griff er dabei auf hierfür entworfene Stühle von Charles und Ray Eames zurück (La Fonda Chair), die mit einem eigens von ihm entworfenen Polsterstoff bezogen wurden. Zudem dekorierte Girard den Innenraum mit Volkskunstobjekten aus seiner Sammlung. Leitmotiv war ein in Anlehnung an den Namen des Restaurants – aus dem Spanischen übersetzt etwa: Gasthof der Sonne – entworfenes Sonnenemblem (obere Abbildung), das Girard in über vierzig Varianten auf Speisekarten, Tischsets, Zuckerverpackungen etc. platzierte. Heute ist das Sonnenmotiv ein ikonischer Entwurf innerhalb des Werks von Girard.

La Fonda Restaurant

Inneneinrichtung des Restaurants La Fonda del Sol mit den dafür entworfenen La Fonda Chairs von Charles & Ray Eames, Abbildung: © (2023) Girard Studio, LLC. All rights reserved

Miller House, Columbus, Indiana

 Einen weiteren Fokus der Ausstellung bildet Girards Einrichtung des Miller House in Columbus, Indiana. Die Villa des Industriellen Irwin Miller wurde von Eero Saarinen entworfen, der Girard einlud, die Inneneinrichtung zu übernehmen. Das Herzstück des 1957 fertiggestellten Hauses, das heute als Museum zugänglich ist, bildete – wohl auf Anregung Girards – eine sogenannte Conversation Pit, also eine vertiefte Sitzecke. Mit diesem Detail setzte das Haus einen Trend, der bis in die 1970er Jahre anhielt. Während Girard für die Einrichtung des Miller House überwiegend auf Möbel nach Saarinens Entwurf zurückgriff, plazierte er im Jahr 1977 in der Conversation Pit einen von ihm selbst eigens für diesen Standort geschaffenen Messingtisch, dessen Tischplatte an eine Blüte erinnert. Eine Edition dieses Tisches wird während der Ausstellung gezeigt.

Miller House

Inneneinrichtung des Miller House mit dem beleuchteten Saarinen-Tisch, Copyright Miller House and Garden, Columbus, Indiana

Corporate Design Braniff Airlines

Abgerundet wird die Ausstellung mit einigen Beiträgen zu Girards Corporate Design für Braniff Airlines, das bezeichnend ist für eine Zeit, in der Fluglinien in den USA aufgrund regulatorischer Eingriffe nicht über den Preis konkurrieren konnten, sondern sich stattdessen über Komfort und heute teils exzentrisch scheinende Extravaganzen von der Konkurrenz abzuheben versuchten. Unter dem wortspielerischen Motto „The end of the plain plane“ (Das Ende des langweiligen Flugzeugs gestaltete Girard ab 1965 nicht nur die Interieurs der Passagierkabinen und Wartebereiche, sondern auch Logo, Tickets und Lackierung der Flugzeuge.

Brandiff Airlines

Logo für Braniff Airlines und Flugzeuggestaltung von Alexander Girard, Stewardess-Uniform von Emilio Pucci, © (2023) Girard Studio, LLC. All rights reserved.

Zusätzlich entwarf der italienische Modedesigner Emilio Pucci, mit dem Girard kooperierte, die sehr farbenfrohen Uniformen der Stewardessen. Das aus heutiger Sicht sehr frauenfeindliche Konzept sah eine Ausstattung mit einem transparenten Regenmantel und einer Art Astronautenhelm vor. Während des Fluges legten die Stewardessen dann im Rahmen des sogenannten „Air Strip“ Lage um Lage ihrer farbenfrohen Uniformen ab, bis sie die Fluggäste schließlich im Bikini verabschieden sollten.

Die Ausstellung findet im Rahmen der Passagen zur Möbelmesse IMM 2023 statt, wir freuen uns auf Ihren Besuch!

Ort: Markanto Depot, Mainzer Straße 26, 50678 Köln
Datum: 2. - 7. Juni (zu den Passagen 2023)
Öffnungszeiten: Mo - Fr 14.00 bis 19.00 Uhr, Sa und So 11.00 bis 19.00 Uhr
Vernissage: Samstag, 3. Juni ab 19.00 Uhr (Passagen Cocktail)

Nach Ende der Passagen wird die Ausstellung noch bis Ende August 2023 jeden Samstag gezeigt.

Wir danken Vitra, Knoll International, dem Toad Archive, dem Girard Studio und dem Miller House and Garden, Columbus, Indiana für die Unterstützung.

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