Radikal und bunt: Drei Highlights aus der Kollektion von Gufram

Gegründet 1966 als Ableger der Möbelmanufaktur Fratelli Gugliermetto, widmete man sich bei Gufram von Beginn an dem Radical Design. Wie die Stilbezeichnung schon vermuten lässt, ging es den Protagonisten dieser Strömung um einen radikalen Neuanfang in puncto Design und Architektur. Sie stellten die Strenge und den Funktionalismus der Moderne in Frage und wollten sie mit ironischen, surrealen und absichtlich unfunktionalen Objekten überwinden. Das Ergebnis dieser Entwurfsüberlegungen bilden oftmals skulpturale Wohnobjekte, die aus einem Pop Art Gemälde entsprungen scheinen.

Das Unternehmen Gufram hatte entscheidenden Anteil an der Entstehung des typischen Looks der Radical Design Möbel. Einerseits hielt der künstlerische Leiter  Giuseppe Raimondi Kontakt zu den tonangebenden Entwerfern des neuen Stils. So kooperierten etwa Piero Gilardi, Studio65 und Drocco/Mello mit Gufram und machten das Unternehmen zu einer Keimzelle des Radical Design. Andererseits waren es die bei Gufram entwickelten Fertigungstechniken, die viele der heute zu Ikonen gewordenen Entwürfe der Zeit erst möglich machten. Insbesondere die Verwendung von kalt geschäumtem Polyurethan führte zu ungeahnten Freiheiten in der Herstellung von zuvor kaum umsetzbaren Formen. Um die offenporige Struktur des Kunststoffschaums zu schützen und den Möbeln eine ansehnliche und widerstandsfähige Oberfläche zu verleihen, entwickelte Gufram eine Beschichtung, die unter der Bezeichnung Guflac geschützt wurde. Sie erlaubt ein großes Spektrum von Farben und Motiven und trägt somit ebenfalls zum farbenfrohen Erscheinungsbild der Radical Design Interieurs bei.

1968 präsentierte Gufram einige seiner Möbel auf der XIV. Mailänder Triennale erstmals einer großen Öffentlichkeit. Internationale Bekanntheit erlangte das Unternehmen vier Jahre später durch die Ausstellung „Italy: The New Domestic Landscape“ im New Yorker Museum of Modern Art, die sich dem Radical Design widmete und auch zahlreiche Objekte von Gufram zeigte. Heute befinden sich Produkte des piemontesischen Möbelherstellers in zahlreichen Museen weltweit, etwa auch im Vitra Design Museum oder im Centre Pompidou.

Gufram Cactus in der Fondation Beyeler

Das wahrscheinlich bekannteste Objekt im Portfolio von Gufram ist der Cactus, der 1972 von Guido Drocco und Franco Mello entworfen wurde. Der 170 cm hohe Einrichtungsgegenstand in Gestalt eines wie im Comic klischeehaft reduzierten Kaktus, entzieht sich – typisch fürs Radical Design – einer klaren Funktionszuweisung. Zwar eignet er sich mit Einschränkungen als Garderobe, doch seine eigentliche Bestimmung findet er als Wohnraumskulptur. Ebenso offen wie sein Einsatzzweck bleiben auch die Assoziationen, die der Cactus weckt. Die einen sehen in ihm einen Phallus, andere einen Totem. Entsprechend der ursprünglichen Intention der Designer wird das Objekt nicht nur in naturgetreuem Grün, sondern auch in vielen anderen Farben angeboten, wobei es sich oft um limitierte Sondereditionen handelt. Immer wieder gibt es auch Neuinterpretationen des Klassikers, bei denen sich zeitgenössische Künstler neu mit dem Entwurf von Drocco/Mello auseinandersetzen. Neben Toiletpaper (wir berichteten), war es zuletzt Pilar Ordovas, die dem Klassiker frischen Wind einhauchte – mittels einer lumineszenten Beschichtung machte sie das Objekt zum „Radiant Cactus“.

Das Sofa Bocca wurde 1970 von Studio 65 entworfen, einer von Franco Audrito angeführten Gruppe von Designern und Architekten, die mehrfach mit Gufram kooperierten. Inspiriert von Dalìs illusionistischer Installation eines Raumes als Gesicht von Mae West, in dem ein Sofa den Mund darstellt, orientiert sich das Erscheinungsbild von Bocca am Mund von Marylin Monroe. Das sinnliche Sitzmöbel erreichte innerhalb kürzester Zeit Kultstatus und ist bis heute ein beliebtes Requisit in Bühnenbildern und bei Photoshootings. So war Bocca bereits mit Beyoncé, Kylie Minogue oder Katy Perry auf Tournee und stand bei David Lachapelle oder Richard Avedon vor der Linse. Gemeinsam mit dem Sofa wurden Claudia Cardinale, Heidi Klum, Alicia Silverstone, Anne Hathaway oder Carmen Electra abgelichtet.

Pop Art und Radical Design im Museum – rechts das Bocca Sofa

Das konzeptionell außergewöhnlichste Objekt im Sortiment von Gufram ist wohl das Sitzmöbel Pratone. Es wurde 1972 von Georgio Ceretti, Pietro Derossi und Riccardo Rosso entworfen. Der Name „Pratone“ leitet sich dabei vom italienischen Wort „prato“ ab, das „Wiese“ bedeutet. Auf einer quadratischen Grundfläche von knapp zwei Quadratmetern erheben sich übergroße synthetische Grashalme auf eine Höhe von rund einem Meter. Die Grashalme bestehen abermals aus Polyurethanschaum und sind somit weich und nachgiebig, besitzen aber auch eine gewisse Formstabilität. Das teils als Sofa, teils als Lounge-Sessel bezeichnete Möbelstück bietet dem Nutzer eine Plattform in die er sich sinken lassen kann, wobei sich die Grashalme der Körperform anpassen. Wie praktikabel oder bequem diese Lösung tatsächlich ist, entscheiden Sie am besten selbst. Wie so viele Entwürfe des Radical Design ist auch Pratone mehr Statement als Möbelstück.

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