Bequem und geborgen: 75 Jahre Womb Chair

Der 1910 in Finnland geborene Eero Saarinen ist als einer der prägenden Architekten um die Mitte des Zwanzigsten Jahrhunderts, beispielsweise für das TWA Terminal am Flughafen JFK oder für den Gateway Arch, das Wahrzeichen der Stadt St. Louis, bekannt. 1923 wanderte er gemeinsam mit seiner Familie im Kindesalter in die USA ein. Sein Vater Eliel Saarinen – ebenfalls Architekt – dozierte ab 1925 an der Cranbrook Academy in Michigan, einer Hochschule nach Vorbild des Bauhaus, die heute als Wiege des amerikanischen Mid Century Modern gilt. Die Saarinens lebten auf dem Campus, der außerdem ein Mädcheninternat beherbergt. Eine der Schülerinnen dieses Internats war das Waisenmädchen Florence Schust, das die Saarinens bald wie eine eigene Tochter ins Herz schlossen und das die Familie auf Reisen nach Europa begleitete. Mit Eero Saarinen verband sie daher eine geschwisterliche Freundschaft, die in eine berufliche Kooperation mündete, nachdem Florence Schust ab 1943 für die Möbelfabrik des deutschen Einwanderers Hans Knoll arbeitete, den sie 1946 heiratete und den Namen Florence Knoll annahm.

Als Architektin ausgebildet, leitete Florence Knoll im Unternehmen die sogenannte Planning Unit und hatte in künstlerischen Fragen stets das letzte Wort. Vielfach nutzte sie ihre zahlreichen Kontakte zu Designern und Architekten, die sie über die Familie Saarinen und ihr Studium an der Cranbrook Academy sowie am Illinois Institute of Technology bei Ludwig Mies van der Rohe gewonnen hatte, um diese mit Entwürfen zu beauftragen. So bat sie ihren langjährigen Freund Eero Saarinen im Jahr 1946 um einen Sessel, der mit den damaligen Konventionen brechen sollte. Insbesondere was die Sitzposition von Frauen anging, gab es in den 1940er Jahren klare Vorstellungen: der Rücken gerade, die Fußgelenke überkreuzt, die Hände gefaltet. „Ich sagte Eero, dass ich die Nase voll habe von eindimensionalen Sesseln. Ich will einen Sessel in dem ich seitwärts sitzen kann, oder wie auch immer es mir gefällt“, erinnerte sich Florence Knoll. „Wie ein Korb voller Kissen“, sollte dieser vollkommen neuartige Sessel möglichst jede Sitzposition ermöglichen und unterstützen. Eero Saarinen nahm die Herausforderung an. Dabei schwebte ihm ein großer, außerordentlich bequemer Sessel vor, der sich schlüssig in moderne Interieurs fügen sollte.

Diese Anforderungen erfüllte Saarinen mit einer weit ausladenden, organisch geformten Sitzschale, die leicht nach hinten geneigt auf einem filigranen Metallgestell gelagert ist. Die flachen und breiten Armlehnen gehen fließend in die Sitzschale über und laden so zum entspannten Sitzen in seitlichen und diagonalen Positionen ein. Die Sitzschale selbst ist gepolstert; zusätzlich ist der Sessel mit zwei aufgelegten Polstern für Sitzfläche und Rückenlehne versehen.

Neben den Feinheiten der Formfindung in Hinblick auf die Ergonomie, erwies sich auch die statische Beanspruchung der Sitzschale als technische Herausforderung. Nachdem Eero Saarinen zuvor bereits gemeinsam mit Charles Eames Sitzschalen aus formverleimtem Schichtholz entwickelt hatte, versuchte er zunächst auch für den Womb Chair eine Sitzschale aus diesem – auch als Plywood bezeichneten – Material zu konstruieren, doch hielten seine Prototypen den auftretenden Belastungen nicht stand. Florence Knoll regte schließlich an, mit einem lokalen Bootsbauer zu kooperieren, der damals bereits Rümpfe aus glasfaserverstärktem Kunststoff fertigte. Dieses Material erlaubte nicht nur noch größere Gestaltungsfreiheiten als Plywood, es erreichte auch bei geringerer Wandstärke und geringerem Gewicht eine höhere Festigkeit.

1948 kam der neuartige Sessel bei Knoll zunächst unter der Bezeichnung „Model 70“ auf den Markt. Er erlangte bald große Bekanntheit. So veröffentlichte Coca-Cola einen Werbespot, der den Weihnachtsmann bei einer wohlverdienten Pause zeigt: Er trinkt eine Cola und entspannt sich in einem Knoll Sessel Model 70. Die große Popularität und die markanten Formen des Sessels sind auch verantwortlich für die Bezeichnung Womb Chair, die zunächst als Spitzname entstand und später von Knoll offiziell übernommen wurde. Das Wort „womb“ bezeichnet im Englischen die Gebärmutter. Mit seinem großen Komfort und seiner organischen Formgebung weckte der Sessel entsprechende Assoziationen: bequemer und geborgener als in diesem Sessel kann es wohl nur im Mutterleib sein.

Der Womb Chair und die preiswertere Version Womb Chair Relax sind bei Knoll heute in zahlreichen Farbvarianten  erhältlich. Ein optionaler Fußhocker ergänzt den Sessel in harmonischer Weise und macht den Komfort perfekt. Neben der raumgreifenden Originalversion bietet Knoll eine etwas kleinere Medium-Variante, sowie eine entsprechendes Zweiersofa an.

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