Das Werk von Generationen: Jubiläum im Hause Auböck
Die Wurzeln der Werkstätte Carl Auböck reichen zurück bis ins 19. Jahrhundert, als der 1872 geborene Karl Heinrich Auböck – später als Carl Auböck I bezeichnet – in Wien eine Metallwerkstatt gründete, in der er sogenannte Wiener Bronzen schuf. Hierbei handelt es sich um für Wien typische, kleinformatige Bronzeplastiken, die um 1900 als Dekorationsartikel beliebt waren. Im Jahr 1912 zog die Werkstatt in die Bernardgasse 21 bis 23, wo sie sich bis heute befindet.
Der im Jahr 1900 geborene Sohn von Karl Heinrich Auböck, trug wie sein Vater den Vornamen Carl, nun jedoch in der latinisierten Schreibweise mit C. Dieser Carl Auböck II besuchte – gefördert von seinem Vater – schon früh die Wiener Akademie der bildenden Künste und erhielt später im Betrieb seines Vaters eine Ausbildung als Bronzearbeiter und Ziseleur. Noch in Wien besuchte Carl Auböck II die Kunstschule von Johannes Itten. Als dieser im Jahr 1919 von Walter Gropius als Meister an das neu gegründete Bauhaus berufen wurde, lud er Carl Auböck ein, ihm als Student dorthin zu folgen. Am Bauhaus studierte Carl Auböck im Vorkurs und in der Metallwerkstatt. Aufgrund eines Streits mit Johannes Itten, verließ er gemeinsam mit Franz Probst, Hans Breustedt und anderen Studenten in Jahr 1921 das Bauhaus und reiste zunächst nach Florenz. Anschließend arbeitete Carl Carl Auböck II für kurze Zeit in einer Metallwerkstatt im tschechoslowakischen Müglitz, bevor er 1923 nach Wien in die väterliche Werkstatt zurückkehrte. Ebenfalls im Jahr 1923 heiratete Carl Auböck II die Bildhauerin und Textilkünstlerin Mara Utschkunowa, die er als Kommilitonin am Bauhaus kennengelernt hatte. Im Folgejahr, also vor hundert Jahren, kam ihr Kind, Carl Auböck III zur Welt.
Als im Jahr 1925 Karl Heinrich Auböck starb, übernahm Carl Auböck II die Werkstatt, die er vorerst gemeinsam mit seiner Mutter Elisabeth führte – das zweite hundertjährige Jubiläum. Es gelang ihm, den Betrieb neu zu beleben und dem damals schon etwas angestaubten Genre der Wiener Bronzen neue Facetten abzugewinnen. Von großer Hilfe war ihm dabei der Kaufmann Karl Berg – Bruder des Komponisten Alban Berg – der Kontakte zu namhaften amerikanischen Kaufhäusern wie etwa Macy’s und Bloomingdales in New York City und Neiman-Marcus in Dallas unterhielt und der Werkstätte Carl Auböck auf diesem Weg einen Zugang zum amerikanischen Markt bot.
Sein Sohn Carl AuböckIII studierte Architektur zunächst von 1943 bis 1949 an der Technischen Hochschule Wien und ging dann im Jahr 1952 ans MIT in Boston, wo er Protagonisten der Moderne wie Richard Neutra, Charles und Ray Eames, George Nelson oder Marco Zanuso kennenlernte. Carl Auböck III war sowohl als Architekt als auch als Produktdesigner tätig und wurde im Jahr 1973 Präsident des International Council of Societies of Industrial Design, einem Vorläufer der heutigen World Design Organization. Von 1977 bis 1993 war er Professor für Produktgestaltung an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien.
Die heutige Ausrichtung der Werkstätte Carl Auböck geht vorrangig auf die Zusammenarbeit von Carl II und Carl III zurück, die gemeinsam zahlreiche neue Objekte entwarfen und in das Portfolio des Unternehmens aufnahmen. Dabei handelt es sich sowohl um Wiener Bronzen in modernem Stil und aufgefrischtem Gewand, wie etwa die Skulpturen „Optimist“, „Architekt“ und „Sportlerin“, als auch um künstlerisch gestaltete Objekte mit praktischem Nutzen, wie etwa Vasen, Aschenbecher oder Brieföffner. Nach dem Tod von Carl II im Jahr 1957 übernahm sein Sohn die Werkstatt und begann in der Folgezeit Kooperationen mit internationalen Herstellern von Luxusgütern, wie etwa Longchamp, Tiffany’s oder Hermès.
Die Werkstätte Carl Auböck wird bis heute als Familienbetrieb fortgeführt und aktuell von Vertretern der vierten und fünften Generation geleitet: von Carl Auböck IV, seiner Schwester Maria und seiner Tochter Zola. Objekte der Werkstätte Carl Auböck finden sich weltweit in den Sammlungen zahlreicher namhafter Museen, etwa des Museum of Modern Art in New York City oder des Victoria and Albert Museum in London.
Mit der von Bärbel Vischer kuratierten Ausstellung „Iconic Auböck: Eine Werkstätte formt den österreichischen Designbegriff“ widmet sich nun das Wiener Museum für angewandte Kunst intensiv dem Werk der Familie Auböck. Die von 15. Mai bis 13. Oktober diesen Jahres zu besuchende Schau setzt dabei einen Fokus auf die Zeit von 1918 bis 1990. Erstmals wird dabei auch das Werk von Mara Utschkunowa besonders beleuchtet. Am 15. Juni erscheint im Verlag Birkhäuser eine begleitende Publikation zur Ausstellung.
Abbildung: Nußschale von Carl Auböck II (Vintage) mit seinen Briefbeschwerern Ei und Hand