Eine Ikone im neuen Gewand: Der Barcelona Sessel von Ludwig Mies van der Rohe

Zur Mailänder Möbelmesse präsentierte Knoll International erstmalig den Barcelona Sessel von Ludwig Mies van der Rohe mit einem Stoffbezug. Zur Wahl stehen aktuell eine Leinenkomposition sowie ein Samtstoff in je vier Farben. Vorausgeangen war eine lange Disskussion, wie man dem berühmten Scherensessel und dem Wunsch von Ludwig Mies van der Rohe gerecht wird. Nach unserer Meinung ist diese behutsame Neuinterpretation sehr gelungen. Ebenso wie bei der Lederausführung, sind die Kissen aufwendig von Hand vernähte und bestehen aus 40 abgesteppten Rechtecken mit passenden Stoffknöpfen.

Der Scherensessel entstand ursprünglich 1929 im Kontext der Weltausstellung in Barcelona für den deutschen Pavillon und verbindet eine gestalterische Reduktion mit repräsentativem Ausdruck. Schließlich war er als Sitzgelegenheit für den spanischen Monarchen konzipiert und wurde zur Weltausstellung mit einer weißen Glacé-Lederpolsterung präsentiert. Diese erste Version wurde damals von dem Metallbetrieb Metallgewerbe Josef Müller in Berlin angefertigt. Formal orientiert sich der Entwurf von Ludwig Mies van der Rohe an klassischen Vorbildern, insbesondere an der römischen Curule-Sitzform, die der damaligen Oberschicht vorbehalten war. Das Sitzmöbel wirkt fast wie ein Thron, und steht eigentlich so im Widerspruch zwischen der demokratischen Gestaltungsutopie der Moderne und der Weimarer Republik.

Materialtechnisch war der Barcelona Sessel schon zur Zeit seiner Entstehung ein teures Avantgarde-Produkt: Denn das Stahlgestell wurde aufwendig in Handarbeit angefertigt, ebenso die gepolsterten Lederkissen mit den insgesamt 40 abgesteppten Rechtecken. Im Kontext der gestalterischen Prinzipien des Bauhaus, dessen Direktor Ludwig Mies van der Rohe später werden sollte, hat der Scherensessel eine ambivalente Position: Zwar ist die Konstruktion funktional klar und logisch nachvollziehbar, doch erfüllt der Sessel primär eine repräsentative, fast monumentale Funktion. Im Gegensatz steht dazu der Gedanke, preiswerte und funktionale Möbel für die Arbeiterklasse zu entwerfen, wie es um 1929 unter dem Bauhaus-Direktor Hannes Meyer angedacht war. Bis heute wird der Barcelona Sessel – insbesondere in der spätere Edition durch Knoll International – als Inbegriff zeitloser und repräsentativer Moderne verstanden. Seine anhaltende Relevanz in Theorie und Praxis der Designgeschichte belegt nicht nur seine ästhetische Wirkung, sondern auch seine exemplarische Stellung innerhalb des Diskurses über das Verhältnis von Design, Gesellschaft und Repräsentation. Mit den neuen Varianten mit Leinen- und Samtbezug kann dieser Diskurs nun fortgesetzt werden.

Im reduzierten Knoll International Pavillon in Mailand machte sich die neue Interpretation jedenfalls sehr gut und wurde von den Messebesuchern positiv ausgenommen. Entworfen wurde der Pavillon zum dritten Mal in Folge vom belgischen Architekturbüro OFFICE von Kersten Geers und David Van Severen, er ist aus wiederverwendeten und recycelten Materialien errichtet.

 

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