Licht ohne Reflexion: Die Stehleuchte von Philip Johnson und Richard Kelly
Als 1949 das ikonische Glass House in Connecticut, USA fertiggestellt wurde – ein radikal transparenter Bau, den der amerikanische Architekt Philip Johnson im Internationalen Stil entwarf – stellte sich unmittelbar die Frage nach einer passenden Inneneinrichtung. Denn das gläsernde Haus besteht aus nur einem einzigen Raum mit 960 cm Breite und 1680 cm Länge. Die transparenten Außenwände sind Glasscheiben und werden nur von den nötigen Metallverstrebungen unterbrochen. Dazu passend musste natürlich auch eine minimalistische Einrichtung im Stil der Moderne und des Bauhaus sein. Während viele Möbelstücke aus Philip Johnson Wohnung in New York stammten und größtenteils von seinem Mentor Ludwig Mies van der Rohe entworfen worden waren, blieb insbesondere die Beleuchtung eine Herausforderung. Gerade wegen der vier vollständig verglasten Wände bedurfte es einer Leuchte, die sich unaufdringlich in die Architektur einfügte und zugleich funktional wie atmosphärisch überzeugte.
Um dieser Herausforderung zu begegnen, wandte sich Philip Johnson an den Lichtdesigner Richard Kelly, mit dem er bereits zuvor zusammengearbeitet hatte. Gemeinsam entwickelten sie eine Lösung, die nicht nur funktional, sondern auch ästhetisch und konzeptuell wegweisend war: eine bodennahe Lichtquelle, deren Licht indirekt über einen konischen Reflektor in den Raum gelenkt wurde. Diese subtile Lichtführung vermied störende Reflexionen an den Glaswänden und schuf eine warme, atmosphärische Umgebung – ein Ansatz, der sich deutlich von der damals üblichen Deckenbeleuchtung abhob.
Die Leuchte war mehr als ein Gebrauchsgegenstand; sie wurde zu einem integralen Bestandteil der Architektur selbst. Ihre Gestaltung folgte einem szenografischen Prinzip, das Kelly als „focal glow“ bezeichnete – ein gezielter Lichtakzent, der Räume strukturiert und Aufmerksamkeit lenkt. Dieses Konzept stand im Kontrast zur diffusen „Umgebungsluminiszenz“ und dem dramatischen „Spiel der Brillanten“, das Kelly mit dem Lichtermeer des Times Square verglich. Die Leuchte wurde damit zum Ausdruck eines neuen Verständnisses von Licht als gestalterischem Medium in der Architektur.
Die erste Version der Stehleuchte wurde 1952 umgesetzt und 1953 von Edison Price produziert. Ihr zylindrischer Korpus bestand aus massivem Bronze- oder Aluminiumguss, der nicht nur als Gehäuse, sondern auch als thermischer Puffer für die leistungsstarke Glühbirne diente. Diese war tief im Inneren verborgen und strahlte ihr Licht nach oben gegen die Unterseite eines präzisen geformten, konischen Reflektors. Die Innenseite des Reflektors war mit hochreflektierendem Weiß beschichtet, um das Licht gleichmäßig nach unten zu streuen. Durch diese indirekte Lichtführung entstand ein weicher, blendfreier Lichtkegel, der den Raum subtil modellierte. Ein integrierter Dimmer ermöglichte zudem eine feinfühlige Steuerung der Lichtintensität – ein für die damalige Zeit bemerkenswertes Detail, das Philip Johnson erlaubte, die Balance zwischen Innenraumbeleuchtung und der nächtlichen Außenwelt exakt auszutarieren. Aufgrund von Stabilitätsproblemen wurde das Design 1954 überarbeitet und mit vier Beinen versehen. Die erste Version schenkte Johnson dem von ihm entworfenen MoMa Museum of Modern Art in New York, wo sie noch heute in der ständigen Sammlung als Objekt aufbewahrt wird. Bei der neueren Version wurde der bronzene Kern mit farbiger Emaille in Blau, Gelb, Rot und Schwarz überzogen und somit das gestalterische Spektrum erweitertet und bis 1967 produziert.
Die Stehleuchte wurde unter anderem in weiteren Kontexten des International Style eingesetzt – etwa im Davis House in Minneapolis, im Gästehaus von Blanchette Rockefeller oder im Tremaine Estate in Connecticut. Sie stand dort neben Werken des abstrakten Expressionismus und der minimalistischen Kunst und wurde so Teil eines kulturellen Narrativs, das Architektur, Design und bildende Kunst miteinander verknüpfte. Auch im Four Seasons Restaurant im Seagram Building, einem weiteren Gemeinschaftsprojekt von Philip Johnson und Ludwig Mies van der Rohe wurde das Prinzip der szenografischen Lichtgestaltung weitergeführt.

Eine amerikanische Architekturikone: Das Glass House von Philipp Johnson bei Nacht
Nach Jahrzehnten der Abwesenheit wird die Leuchte nun von BassamFellows neu aufgelegt. Craig Bassam und Scott Fellows, die selbst in einem von Philip Johnson entworfenen Haus leben, stießen dort auf eines der Originalmodelle. Ihre Auseinandersetzung mit dem Objekt war keine sentimentale Rückschau, sondern eine präzise Analyse im architektonischen Kontext. Sie beobachteten, wie die Leuchte auch heute noch architektonische Klarheit unterstützt – insbesondere bei Nacht (siehe Foto des Glass House), indem sie Blendungen reduziert und visuelle Störungen vermeidet. Die Entscheidung, das Design zu lizenzieren und wieder in Produktion zu bringen, ging direkt aus dieser persönlichen Erfahrung hervor. Die neue Edition orientiert sich an der vierbeinigen Version aus dem Jahr 1954 und bleibt den ursprünglichen Materialien und Proportionen treu: ein zylindrischer Korpus aus satiniertem Edelstahl, ein konischer Aluminiumschirm mit weiß beschichteter Innenfläche. Die Leuchte entfaltet ihre Wirkung durch eine räumliche Intelligenz, die Licht als Mittel zur intuitiven Erfassung von Architektur einsetzt – zurückhaltend, präzise und zeitlos. Wir freuen uns auf Ihre Anfrage nach dem Klassiker.