Paul Schneider-Eslebens Stapelstuhl TT54 ist wieder da.
Der 1915 in Düsseldorf geborene Paul Schneider-Esleben war ein ausgesprochen vielseitiger und vollkommener Künstler. So entwarf er bereits als Jugendlicher Schmuckstücke und blieb sein Leben lang als Designer nicht nur von Schmuck, sondern auch von Wohnaccessoires und Möbeln aktiv. Seine professionelle Karriere begann er unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg als Illustrator und Karikaturist. Darüber hinaus schuf er auch Kirchenfenster. Die größten Erfolge erzielte Schneider-Esleben jedoch mit seinem architektonischen Werk.
Das auch als PSE bekannte Multitalent zählte im Deutschland der Nachkriegszeit zu den wichtigsten Erneuerern des Bauens. Das von ihm entworfene Düsseldorfer Mannesmann-Hochhaus, das 1957 fertiggestellt wurde, ist eines der ersten Hochhäuser im Stil der Internationalen Moderne in Deutschland. Bemerkenswert ist auch die von ihm entworfene Pfarrkirche St. Rochus, die ebenfalls in Düsseldorf gelegen ist. Anstatt den im Krieg zerstörten Vorgängerbau, von dem lediglich der Turm erhalten geblieben war, wieder aufzubauen, setzte er auf die Fundamente der alten Apsis eine spektakuläre Betonkuppel, die sich aus drei Schalen zusammenfügt und im Grundriss an ein dreiblättriges Kleeblatt erinnert. Seine späteren Entwürfe sind vom Brutalismus beeinflusst und arbeiten oft mit unverkleideten, schalungsrauhen Betonflächen. Markant ist etwa das Hochhaus der Sparkasse Wuppertal mit ihrem skulpturalen Erscheinungsbild und der charakteristischen Hängekonstruktion, die aufgrund des beengten Baugrunds und dem Wunsch des Bauherrn nach möglichst großen stützenfreien Flächen gewählt wurde. Seinen wohl größten Wurf landete der Düsseldorfer jedoch ausgerechnet in Köln: mit dem Flughafen Köln-Bonn schuf er nicht nur einen ästhetisch ansprechenden Großbau, der mit seiner äußeren Form die für einen Flughafen schlüssige Assoziation an einen Ozeandampfer weckt, sondern dachte die Bauaufgabe Flughafen von Grund auf neu. Mit seinem Konzept eines Drive-In-Airport ermöglichte er es, so nah wie nie zuvor mit dem Auto an einen Passagierjet zu fahren und organisierte den gesamten Bau rund um die An- und Abreisewege der Fluggäste.
Der Flughafen Köln-Bonn war es auch, der PSE zu einem weiteren Spitznamen verhalf. Er pflegte öffentlichkeitswirksam einen mondänen Lebensstil und reiste entsprechend viel. Die Wege zu seinem – natürlich selbst entworfenen – Landhaus „Octopus“ in der Provence oder zu seiner – ebenfalls selbst entworfenen – hochseetauglichen Segelyacht „Tina“ führten so häufig über den Flughafen Köln-Bonn, dass er dort bald als Schneider-Jetleben bekannt war.
Für Markanto sind natürlich vorrangig Schneider-Eslebens Möbelentwürfe von Interesse. Oft entstanden diese Entwürfe als Teil der Ausstattung eines seiner Gebäude. So war es etwa bei dem Stufenhochhaus der ARAG-Versicherung, der Rolandschule in Düsseldorf, dem Jesuitenkloster in München und noch bei vielen weiteren seiner Bauten. Einige Möbel entwarf er jedoch auch im Auftrag verschiedener Möbelhersteller als Serienprodukt. So entstand etwa für die Firma Kusch ein gediegen eleganter Sessel mit kombinierter Arm- und Rückenlehne. Der Sessel lässt an Stahlrohrmöbel denken, sein Gestell ist jedoch aus massivem Rundstahl mit einem Durchmesser von 15 mm gefertigt. Für Wilde + Spieth schuf PSE im Jahr 1954 den Stapelstuhl TT54. Der Entwurf von herausragender optischer Leichtigkeit ist – wie auch Schneider-Eslebens Bauwerke – ganz dem Geist der Moderne verpflichtet. Trotz seiner strengen Formreduktion scheint er jedoch einen eigenen Charakter zu besitzen, der seinem Erscheinungsbild freundliche Züge und einen gewissen Charme verleiht. Die Form des Stuhls wird von einem tragenden Gestell aus Stahldraht mit 10 mm Durchmesser vorgegeben. Die Klarheit und Strenge dieser Konstruktion steht im Kontrast zur Natürlichkeit und Wärme der für Sitzfläche und Rückenlehne verwendeten Rattanbespannung.
Seit 2001 pflegt Markanto eine Freundschaft mit der Familie Schneider-Esleben, so dass wir auch PSE noch persönlich kennenlernen konnten. Gemeinsam mit seiner Tochter Claudia Schneider-Esleben, die ebenfalls als Architektin und Designerin tätig ist, haben wir uns auf die Suche nach einem Produzenten für eine Neuauflage des Stapelstuhls begeben. Wir freuen uns, dass wir mit Richard Lampert ein kompetentes Unternehmen finden konnten, bei dem der Entwurf in besten Händen ist.
Historische Prototypen des Stapelstuhls von Paul Schneider-Esleben (PSE)
Der Stapelstuhl TT54 wird zunächst in einer originalgetreuen Variante angeboten. Das Gestell ist dabei schwarz lackiert; Sitzfläche und Rückenlehne bestehen, wie beim historischen Vorbild, aus hochwertigem Rattangeflecht. Schon bald wird es jedoch zusätzlich eine weitere Variante geben, bei der anstatt des Rattangeflechts eine Spaghettibespannung verwendet wird. Diese Variante wird in den Farben Schwarz und Weiß erhältlich sein, wobei die Farbe des Gestells jeweils der Farbe der Bespannung entspricht. Die Spaghettibespannung verleiht dem Stuhl eine deutlich kühlere und dynamischere Anmutung. Diese nicht unwesentliche Veränderung erfolgt jedoch mit dem Segen des Altmeisters. Zwar wurde der Stuhl von Wilde + Spieth so nie hergestellt, Paul Schneider-Esleben hatte die Variante jedoch bereits angedacht. Lieferbar sind die Stühle ab Frühjahr 2018.
Paul Schneider-Esleben beim Entwurf des Köln-Bonner Flugghafens (Abb. Copyright Claudia Schneider-Esleben)