Innovativ seit über 75 Jahren: Die flexiblen Einrichtungsgegenstände von Arflex
Gegründet wurde Arflex im Jahr 1947 von Carlo Barassi, Renato Teani, Pio Reggiani und Aldo Bai. Die beiden erstgenannten hatten zuvor beim Mailänder Reifenhersteller Pirelli gearbeitet; Barassi als Ingenieur und Teani in der Verwaltung. Seinen Sitz bezog das Unternehmen zunächst ebenfalls in Mailand und firmierte anfangs noch unter „Ar-flex“, einer Verkürzung von „arredamento flessibile“, also etwa „flexible Einrichtung“. In den ersten Jahren konzentrierte sich die Firma auf die Entwicklungsarbeit und experimentierte gemeinsam mit dem Architekten und Designer Marco Zanuso an Polsterungen mit Polyurethanschaum und elastischen Bändern.
Die Ergebnisse dieser Experimente wurden im Jahr 1951 – also vier Jahre nach Firmengründung – im Rahmen der IX. Mailänder Triennale erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Der dort gezeigte Sessel Lady und das Sofa Sleep-o-matic, beide nach Entwurf von Marco Zanuso, wurden auf Anhieb mit Goldmedaillen ausgezeichnet und bestimmen bis heute die DNA des Unternehmens Arflex. Die Produkte bauen auf gründlicher Entwicklungsarbeit auf und zeichnen sich durch ein hohes technisches und ästhetisches Niveau aus. In den folgenden Jahren legte Arflex weitere erfolgreiche Entwürfe von Marco Zanuso, aber auch von anderen Designern nach. So etwa im Jahr 1952 den Sessel Fiorenza nach Entwurf von Franco Albini (Abbildung oben), den Sessel Delfino nach Entwurf von Erberto Carboni oder die Sitzmöbel Elettra und Neptunia nach Entwürfen von Studio BBPR. Diese Modelle sind auch heute noch Bestandteil des Programms von Arflex und überzeugen neben der erwähnten Polsterungstechnik auch mit einem ästhetisch anspruchsvollen Erscheinungsbild. So kontrastiert der Sessel Fiorenza die Polsterelemente in reizvoller Weise mit einem hölzernen Untergestell in Scherenkonstruktion, der Sessel Delfino weist dezente optische Anleihen an den Körper eines Delfins auf und die Stühle und Sessel der Serien Elettra und Neptunia verwenden interessante Untergestelle aus Stahlrohr, wobei die die Rückenlehne tragenden Rohre sich unter der Sitzfläche fortsetzen und kreuzen.
Eine besondere Kuriosität im Arflex Sortiment der frühen 1950er Jahre stellen die Autositze MilleMiglia und Sedile Lettino nach Entwürfen von Carlo Barassi dar. Sie waren passend für den Fiat Topolino konzipiert und zeichneten sich aufgrund der erwähnten Polsterungstechnik gegenüber den Seriensitzen durch höheren Sitzkomfort aus. Darüber hinaus wiesen sie abziehbare Bezüge und – damals noch nicht selbstverständlich – kippbare Rückenlehnen auf.
Für die Ausstellung „Colori e forme della casa d’oggi“, also etwa „Farben und Formen des Hauses von Heute“, in Como im Jahr 1957 produzierte Arflex den von den Castiglioni-Brüdern entworfenen Sessel Cubo, der jedoch nur als Prototyp und nie in Serie gefertigt wurde. Ab 1955 expandierte Arflex mit Tochtergesellschaften ins europäische Ausland und arbeitete mit weiteren namhaften Designern, wie etwa Joe Colombo oder Cini Boeri zusammen. In den ohnehin experimentierfreudigen 1960er Jahren spielte Arflex seine Innovationskraft voll aus und präsentierte unkonventionelle und neuartige Möbel, wie etwa den Sessel Gaia, nach Entwurf von Carlo Bartoli aus glasfaserverstärktem Polyesterharz gefertigt, den Sessel Bobo nach Entwurf von Cini Boeri, der ohne innere Struktur aus einem einzigen Stück Polyurethanschaum bestand, oder – ebenfalls von Cini Boeri – dem spektakulären Sitzobjekt Serpentone .
Einfach endlos: Serpentone von Cini Boeri
Der Name – übersetzt etwa „Riesenschlange“ – verrät bereits die Form: es handelt sich um ein schlängelnd gewundenes Endlossofa, das insbesondere in großen öffentlichen Räumen hervorragend zur Geltung kommt. Wiederum von Cini Beoeri folgte im Jahr 1972 das Sofa Strips, das 1979 mit dem renommierten Designpreis Compasso d’Oro ausgezeichnet wurde. Ebenfalls nach Entwurf von Cini Boeri wurde im Jahr 1973 die Botolo Serie eingeführt, die auch heute noch erhältlich ist. Die kompakten Sessel und Stühle ruhen jeweils auf drei Metallrohren mit großzügigen Durchmessern. Die Länge dieser Beine entscheidet dabei über die Art des Möbelstücks: Lange Beine für einen Esstischstuhl oder kurze Beine für einen bodennahen Sessel.
Etwa zur gleichen Zeit, nämlich im Jahr 1966, gründete Arflex gemeinsam mit Cassina, Tecno und Bernini die Zeitschrift Ottagono, die sich zu einer der wichtigsten Zeitschriften für Architektur und Design in Italien entwickelte. Im Jahr 1969 folgte der Bau einer neuen Fertigungsstätte in Limbiate bei Mailand. Auch in den folgenden Jahrzehnten blieb Arflex innovativ und kooperierte weiterhin mit einigen der namhaftesten Designer der jeweiligen Zeit, so etwa mit Luca Meda, Michele De Lucchi, dem Studio Sottsass, Isao Hosoe oder Hannes Wettstein.
Seit 2005 ist der Architekt und Designer Carlo Colombo künstlerischer Leiter von Arflex. Von ihm stammen nicht nur mehrere Möbelentwürfe im Sortiment des Unternehmens, sondern auch der Entwurf für den aktuellen Firmensitz in Giussano zwischen Mailand und Como, in dessen Räumlichkeiten sowohl die Fertigung als auch die Verwaltung des Unternehmens Platz finden. Produkte von Arflex sind heute in den Sammlungen zahlreicher renommierter Museen vertreten, etwa im Museum of Modern Art in New York oder im Museum der Mailänder Triennale.