Unser neuer Teppich EGG von Sigrid Wylach
Zur Bewerbung der damals neuen Kunststofffaser Silcipan ergriff die Bayer AG Mitte der 1960er Jahre umfangreiche Marketingmaßnahmen. Hintergrund war, dass Bayer als Produzent verschiedener moderner Kunststofffasern die Möglichkeiten dieser Textilien besser vorstellen wollte. Zu diesem Zweck begann man die Zusammenarbeit mit verschiedenen jungen Designern, welche die gestalterischen Möglichkeiten der Kunststofftextilien aufzeigen sollten. Auf der Frankfurter Messe 1965 kam dabei erstmalig ein Teppichentwurf der Wuppertaler Textilkünstlerin Sigrid Wylach zum Einsatz, der im Foyer der Messehalle mit der erstaunlichen Höhe von 650 cm präsentiert wurde. Dieser Teppich EGG wurde natürlich aus der Silcipan-Kunststofffaser gefertigt.
Die Idee für die Reedition stammt von Sigrid Wylach selbst, als sie bei einem Umzug die Originalentwurfzeichnung des Teppichs aus dem Jahr 1965 widerfand. Wir waren von dem ikonischen Motiv direkt begeistert und begannen mit der Umsetzung. Für unsere Reedition wollten wir natürlich aber kein Kunststoff verwenden, sondern als natürliches Material 100 % neuseeländische Wolle. Gemeinsam mit Sigrid Wylach wurden die Farben festgelegt, erst digital, dann anhand von Wollmustern. Ziel war es, den Farbton der Entwurfszeichnung möglichst genau zu treffen. Als neue Standardgröße wurde das Maß 180 x 130 cm festgelegt, denn das Originalformat von 650 x 360 cm hätte in keiner Wohnung Platz. Selbstverständlich kann der Teppich – wie auch unsere Reedition der Knoll International Teppiche - später in individuellen Größen oder Farben hergestellt werden. Dabei erfolgt aber immer eine Abstimmung mit der Designerin.
Zusätzlich nahmen wir Kontakt mit dem Archiv der Bayer AG in Leverkusen auf. Allerdings konnten dort im Archiv keine Unterlagen mehr über den Frankfurter Messeauftritt 1965 oder über Sigrid Wylach gefunden werden. Frau Wylach arbeitete bis 1972 für die Bayer AG, teilweise als freie und als fest angestellte Mitarbeiterin. Dort wurde sie in die nächsten großen Marketingmaßnahmen zur Bewerbung der Kunststofffasern involviert, die sogenannten Visiona-Ausstellungen. Diese fanden ab 1968 zur Kölner Möbelmesse statt, Bayer mietete dazu ein Frachtschiff auf dem Rhein, wo internationale, zeitgenössische Designer ihre Ideen vom modernen Wohnen präsentieren sollten (natürlich unter Verwendung der Bayer Kunststofftextilien). Bei der ersten Visiona (Visiona 0) wurde die Ausstellung von Verner Panton geplant, die Visiona 1 im Jahr 1969 von Joe Colombo, die Visiona 2 im Jahr 1970 wieder von Verner Panton und als Abschluß die Visiona 3 1971 von Olivier Mourgue. Heute gelten diese vier Ausstellungen als beispielhaft für die avantgardistischen Wohnkonzepte der 1960er und 1970er Jahre, die zahlreichen Fotos der Wohnlandschaften prägen unser Bild der psychedelischen Inneneinrichtungen dieser Zeit.
Ein ähnliches Konzept verfolgte die Bayer AG übrigens damals auch im Automobilsektor. Gemeinsam mit BMW entwickelte man den Sportwagen K67 mit einer Kunststoffkarosserie, welches von dem Industriedesigner Hans Gugelot entworfen wurde. Dabei entstand die erste selbsttragende Kunststoffbodengruppe der Welt aus glasverstärktem Exposidharz und einer Schaumfüllung aus flüssigem Kunststoff auf Polyurethan-Basis.
Allerdings wurden beide Konzepte – die Nutzung von Kunststoffen im Textil und im Automobilbereich – zu Beginn der Ölkrise 1973 eingestellt. Denn nun wurde die Herstellung von Kunststoffen als Alternative zu kostspielig, auch begann in der Bevölkerung ein erstes Umdenken zu Gunsten natürlicher Werkstoffe.
Sigrid Wylach arbeitete weiter als freiberufliche Textildesignerin in Wuppertal für Hersteller wie Van Heughten oder Mira X, um 1973/74 erhielt sie dann von Knoll International den Auftrag, eine Teppichkollektion passend zu den wichtigsten Knoll Sitzmöbeln zu entwerfen. Diese Kollektion wurde bis in die späten 1980er Jahre von Knoll hergestellt, ab dem Jahr 2002 übernahmen wir die Rechte und vertreiben die Kollektion über den Knoll Fachhandel.