Homerun für Poltronova: Der Joe Baseball-Sessel

Das Radical Design ist eine postmoderne Designströmung, die in den 1960er Jahren in Italien aufkam. Gelangweilt von der Strenge und Gleichförmigkeit moderner Entwürfe wünschten sich die Architekten und Designer des Radical Design einen Neuanfang. Die funktionalistisch geprägte Moderne hatte die Form eines Produkts oder eines Bauwerks – entsprechend Louis Henry Sullivans berühmtem Zitat „form follows function“ – stets aus seiner Funktion herzuleiten versucht. Diese Vorgehensweise war dabei oft verknüpft mit der Vorstellung, dass es für jede Anwendung genau eine folgerichtige Form gebe. Die Aufgabe des Designers wurde also als ein vernunftgeprägter Suchvorgang aufgefasst. Designer wie die Gebrüder Castigioni, Joe Colombo oder Studio 65 plädierten hingegen für eine kreativere Herangehensweise und nahmen sich die entsprechenden gestalterischen Freiheiten. Dass ihre expressiven und ironischen Objekte dabei gewisse funktionale Einschränkungen aufwiesen, nahmen die Protagonisten des Radical Design nicht nur billigend in Kauf, teilweise bestand genau darin der entscheidende Punkt des ganzen Entwurfs. Mit der vielbeachteten Ausstellung „Italy: The New Domestic Landscape“ im New Yorker Museum of Modern Art erhielt die Strömung eine internationale Bühne. Die Gedanken des Radical Design wurden in den späten 1970er Jahren fortgeführt vom Studio Alchimia, das ab 1980 in die Gruppe Memphis überging; bedeutende Vertreter dieser Gruppen sind Ettore Sottsass und Michele de Lucchi. Auch wenn heutige Entwürfe aus Italien – teils noch von den selben Designern – wieder größeren Wert auf Funktionalität legen, wirkt die spielerische Leichtigkeit des Radical Design bis heute nach und prägt unser Bild des italienischen Designs.

Zu den bedeutendsten Vertretern des Radical Design zählen auch Gionatan De Pas, Donato D'Urbino und Paolo Lomazzi, die 1966 in Mailand das nach den Initialen ihrer Nachnamen benannte Studio DDL gründeten. 1968 präsentierte das Trio mit dem aufblasbaren Sessel Blow ein programmatisches Möbelstück, das mit der traditionellen Vorstellung eines repräsentativen Sessels brach und den Anspruch der drei Entwerfer verdeutlichte. 1971 folgte mit Joe erneut ein vollkommen neuartiger Sessel. Das Möbelstück, das sich zur Ikone der 1970er Jahre entwickelte, ist inspiriert von der Form eines Baseballhandschuhs. Sein Name ist passend dazu eine Anspielung auf den legendären Baseballspieler Joe DiMaggio. Die Vorgehensweise, eine wiedererkennbare Form in einen anderen Kontext zu übertragen und dabei den Maßstab zu verändern, ist typisch für die Postmoderne – man denke etwa an Philip Johnsons AT&T Building, einen Wolkenkratzer, der an eine Chippendale Kommode erinnert. Schon deutlich zurückhaltender, aber immer noch assoziationsreich, kommt Sciangai daher; ein 1973 von Studio DDL entworfener Kleiderständer, der an aufgefächerte Spaghetti oder Mikadostäbchen erinnert. Für diesen Entwurf erhielten De Pas, D’Urbino und Lomazzi den renommierten Designpreis Compasso d’Oro. Nach dem Tod von Gionatan De Pas im Jahr 1991 firmierte das auch in den Bereichen Architektur und Städtebau aktive Büro unter dem Namen Studio D’Urbino Lomazzi.

Zum fünfzigjährigen Jubiläum des ikonischen Sessels Joe präsentiert der Hersteller Poltronova, der diesen von Beginn an produzierte, nun auch einen passenden Pouf, der sowohl als Fußhocker als auch als separate Sitzgelegenheit dienen kann. Am Entwurf beteiligt war wieder Paolo Lumazzi, der inzwischen über achtzig Jahre alt ist. Die Idee für die Formgebung ist dabei so naheliegend, dass man sich fragen muss, warum sie nicht schon lange umgesetzt wurde: Ein Baseball ist die schlüssige Ergänzung zum Baseballhandschuh. Beiden Objekten gemein ist die von ihren Vorbildern übernommene Ausführung in Leder mit groben Ziernähten. Um dem Maßstabssprung gerecht zu werden, sind diese Nähte bei Sessel und Pouf mit Lederbändern ausgeführt, die durch Metallösen geschnürt sind. Im Zusammenspiel beider Objekte wird die Illusion der Maßstabsveränderung umso überzeugender. So wirken Sessel und Pouf als habe ein Riese achtlos seine Baseballutensilien zurückgelassen.

 

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