Serge Mouille und die Serie Noir
Das Jahr 1950 brachte die entscheidende Wendung im Leben und Schaffen von Serge Mouille. Jean Adnet, der Zwillingsbruder von Frankreichs damals wichtigstem Designer Jacques Adnet, beauftragte ihn mit der Anfertigung von Leuchten für das Pariser Kaufhaus „Galeries Lafayette”, in der Serge Mouille erstmals sein Verständnis für Raum mit seiner Faszination für Licht verband. Gleichzeitig entstand so der Kontakt zu anderen modernen französischen Entwerfern wie André Bloc, Charlotte Perriand oder George Jouve. In Folge arbeitete Serge Mouille an einer Kollektion von außergewöhnlichen Wand-, Decken- und Stehleuchten, seiner berühmten „Serie Noir”. Die kinetische und skulpturale Formensprache dieser Leuchten zielte darauf ab, den Raum in Bewegung zu versetzen. Dabei ließ er sich auch von Natur und Erotik inspirieren, was man der Leuchtenserie „Serie Noir” direkt ansieht. Der Reflektorschirm erinnert entfernt an den weiblichen Busen, auch gab Mouille dem Schirm den Namen „Tétine” (Zitze). Durch die Formgebung ist der Reflektor ideal für die Lichtreflexion und kann über den Gelenkkopf in praktisch jede Position eingestellt werden. Einige seiner wichtigsten Arbeiten der 1950er Jahre sind seine einzigartigen Wandspinnen und Wandleuchten und natürlich die filigranen Stehleuchten. Seine Arbeiten wurden zu jener Zeit hauptsächlich in der Galerie Steph Simon mit Sitz auf der Champs-Élysées in Paris gezeigt, wo auch die Entwürfe von Jean Prouvé, Isamu Noguchi oder Charlotte Perriand vertrieben wurden. Jaen Prouvé selbst verwendete die einarmige Stehleuchte für sein Haus in Nancy.
Ein besonderes Aufmerksamkeit verdient zusätzlich das futuristische Automobil Zèbre (zebra), das in Zusammenarbeit mit Pierre Pothier und Jean-Pierre Darnat im Jahr 1952 entstand. Bei den Rennen in Le Mans und Reims erhielt das Design bewundernde Blicke, dennoch blieb der 145 km/h schnelle Rennwagen ein Prototyp.
Die späteren Jahre von Serge Mouille
Ende der 1950er Jahre begann Serge Mouille damit, eher architektonische Leuchten zu entwerfen. Dabei realisierte er auch mehrere Großprojekte wie die Beleuchtung der Universität Antony, Schulen in Strasbourg oder Marseille sowie für die Kathedrale in Bizerte. Inspiriert von der Einführung der Neonröhre, entwickelte Mouille dann verschiedene Tisch- und Stehleuchten (Collonnes- oder Totem-Kollektion). Sie gehören zu seinen bekanntesten Spätwerken. Bereits 1963 beendete er seine Tätigkeit als Leuchtenentwerfer und und konzentrierte sich fortan auf seine Berufung als Lehrer.
Für sein Lebenswerk als Metallschmied und Designer bekam er 1976 die Ehrenauszeichnung der Stadt Paris. Serge Mouille wurde übrigens an einem 24. Dezember geboren – und starb auch 66 Jahren später an einem Heiligabend. Wer weiß, was er noch alles erschaffen hätte, wenn er nicht jahrelang an Tuberkulose gelitten hätte. Die Behandlung erforderte, dass er seine geliebte Arbeit irgendwann ruhen lassen musste.
Die Originale seiner Leuchten stellte Serge Mouille in den 1950er Jahren immer selbst und meist in kleinen Auflagen her. Dies ist der Grund, warum alte Leuchten heute in internationalen Designauktionen immer wieder Höchstpreise erzielen – wie exemplarisch seine dreiarmige Stehleuchte im Auktionshaus Philips in New York mit über USD 100.000,00 im Jahr 2016.
In den 2000er Jahren beschloss seine Witwe Gin Mouille (Serge Mouille starb 1988) eine neue Edition der Leuchten aufzulegen, die teilweise noch mit Hilfe der Originalwerkzeuge gefertigt werden. Da bereits schon damals Fälschungen der Leuchten im Umlauf waren, wird jede Leuchte von Editions Serge Mouille mit einem Zertifikat, eingeprägtem Herstellungsjahr und einer Seriennummer geliefert. Im deutschsprachigen Raum erfolgt der Vertrieb durch Martin Nerbel aus Heidelberg, der die Familie Mouille im Rahmen eines Schüleraustausches in den 1970er Jahren kennen lernte – woraus sich eine enge Freundschaft und Zusammenarbeit ergab.