Eine Bindeglied des Designs des 20. Jahrhunderts
Nach Absolvierung der Kunsthochschule in Helsinki von 1934 bis 1937 assistierte der junge Ilmari Tapiovaara in den Büros von Alvar Aalto in London und von Le Corbusier in Paris (zu seinen Schülern sollten dafür später Eero Aarnio und Yjrö Kukkapuro zählen). Bereits 1938 wurde er künstlerischer Leiter des Möbelherstellers Asko in Lathi, zu dieser Zeit der wirtschaftlich erfolgreichste finnische Möbelhersteller. Nach dem Überfall der Sowjetunion wurde der 27jährige Designer im Zweiten Weltkrieg Offizier an der finnisch-russischen Front, wo er zahlreiche einfache Wohnhäuser inklusive einer rustikalen, auf die Bedürfnisse der Soldaten, zugeschnittenen Möblierung entwarf. Zeitgleich arbeitete er ab 1941 noch als künstlerischer und kaufmännischer Leiter der finnischen Manufaktur Keravan Puuteollisuus. Nach Beendigung des Weltkrieges beteiligte sich Tapiovaara im Jahr 1948 an dem Low-Cost Furniture Design Competition des Moma Museum of Modern Art in New York, für den er einen international beachteten Sessel entwarf, der anschließend von Thonet kurzfristig produziert wurde. Zusammen mit seiner Frau Annikki gründete Tapiovaara 1951 dann ein gemeinsames Büro, wo er zahlreiche weitere Möbel für Hersteller wie Asko, Knoll International oder Thonet entwickelte.

Tale Stool von Ilmari Tapiovaara für Asko, 1953
Darüber hinaus arbeitete Ilmari Tapiovaara gleichzeitig als Architekt, Künstler und Grafikdesigner, so entwarf er im Jahr 1953 auch den Showroom für Olivetti in Helsinki. Zusätzlich lehrte das Allroundtalent am Illinois Institute of Design in Chicago und an der Hochschule für Kunst und Design in Helsinki. Während seiner Zeit in Chicago arbeitete Tapiovaara eng mit dem ehemaligen Leiter des Bauhaus, Ludwig Mies van der Rohe, zusammen. Überhaupt waren Auslandsaufenthalte wie in Paraguay oder Mauritius für ihn sehr wichtig – wozu er einmal bemerkte: „Einen Designer kann man in gewisser Weise mit einem Arzt vergleichen. Sobald man seinen Beruf beherrscht, kann man ihn überall ausüben. Wenn man seine Arbeit gut macht, wird sie überall gleich gut sein." Dies stellen nicht zuletzt seine zahlreichen internationalen Auszeichnungen und Preise unter Beweis. 1950 erhielt er den Good Design Award Chicago, in der Zeit von 1951 bis 1960 erhielt Tapiovaara sechs Goldmedaillen der Mailänder Triennale (mehr als jeder andere Entwerfer), es folgt der finnische Staatspreis für Design und eine Auszeichnung der Finnischen Stiftung für Kultur.

Inneneinrichtung des Oilvetti-Showrooms in Helsinki, Ilmari Tapiovaara 1953
Ilmari Tapiovaaras künstlerisches Schaffen: der Weg zum perfekten Stuhl
Das künstlerischesSchaffen ides finnischen Allrounders ist einerseits von der Entwicklung des perfekten Mehrzweckstuhls geprägt, andererseits von der Interpretation klassischer Möbel in die Moderne wie beispielsweise bei dem Pirkka-Programm. Auch beeinflusst durch seine vielen Reisen, beschäftigte sich der Funktionalist damit, kostengünstige Möbel zu entwerfen, die sich leicht zerlegen lassen und somit einfach in die ganze Welt verschickt werden können. Diese Funktionalität zeigt sich exemplarisch bei seinem Entwurf des Stuhls Lukki, bei dem er die Armlehnen mit Kunststoffschnur umwickelte – einerseits um mehr Komfort zu bieten und andererseits um den Stuhl vor Schäden beim Stapeln zu schützen. Neben seinen rationalen Möbelentwürfen betätigte sich der vielseitige Designer als Gestalter von Leuchten, Glaswaren, Tapeten bis hin zu Kinderspielzeug, wobei er häufig zusammen mit seiner Frau Annikki zusammen arbeitete. Zu seinen wichtigsten Werkenvon Ilmari Tapiovaara zählen der Domus Stuhl (ursprünglich von Knoll International hergestellt), die Pirkka Sitzgruppe, der Tale Hocker, der Mademoiselle Sessel (früher von Laukaan Puu und Asko produziert) sowie der Fanett Stuhl. Dabei wurde der Fanett Stuhl einer der erfolgreichsten Stühle des 20. Jahrhunderts. Inspiriert von traditionellen Windsor-Stühlen des 19. Jahrhunderts wurde der Stuhl ab 1954 von Edsbyverken in Schweden, später dann von Asko in Finnland produziert. Der Grundentwurf stammt aus dem Jahr 1949, Tapiovaara entwarf hierbei verschiedenste Varianten des Erfolgmodells.

Massenbestuhlung von Ilmari Tapiovaara mit Kiki-Stühlen für ein Auditorium in Finnland, 1960er Jahre
Im Jahr 2006 legte die finnische Manufaktur Aero Design erstmalig eine umfassende Tapiovaara-Kollektion auf, Markanto wurde dabei der einzige Fachhändler in Deutschland und organisierte damals den Vertrieb im deutschsprachigen Raum. Zu diesem Zweck besuchten wir mehrfach die finnische Hauptstadt Helsinki – denn wir lieben das finnische Design. Später übernahm dann Artek die Produktionsrechte an seinen Möbelentwürfen. 2014 zeigte das finnische Designmuseum eine Retroperspektive über sein Werk, gleichzeitig wurde eine Zwei-Euro Münze anlässlich seines 100. Geburtstages aufgelegt.

Der junge Ilmari Tapiovaara mit seiem Domus Chair als Miniatur