Verner Panton – Licht, Farbe und Raum als Gesamterlebnis
Verner Panton war nicht einfach nur ein Designer – er war ein Raumkomponist, ein Gestalter visionärer Welten, die weit über das traditionelle Möbeldesign hinausgingen. In seinen Entwürfen verschmelzen Möbel, Licht, Farbe und Architektur zu einem sinnlichen Gesamterlebnis, das sich jeder rein funktionalistischen Ordnung entzieht. Seine Leuchten wie die Panthella, die ikonische VP Globe oder seine psychedelischen Visiona-Installationen gelten heute als Meilensteine des Raumdesigns. Doch ebenso zentral sind seine Möbelentwürfe – allen voran der Panton Chair, der weltweit als Symbol für die gestalterische Radikalität der 1960er-Jahre steht. Verner Panton wurde auf der dänischen Insel Fünen geboren und studierte Architektur in Kopenhagen. Zunächst arbeitete er im Büro von Arne Jacobsen, doch anders als die meisten seiner skandinavischen Kollegen wandte sich Panton früh von der Tradition des Holz- und Handwerksdesigns ab. Ihn interessierte nicht die gedämpfte Zurückhaltung des Funktionalismus, sondern das Spektakel des Raums, die Emotionalität von Farbe, die expressive Kraft neuer Materialien. Kunststoff, Glasfaser, Schaumstoff – all das war für ihn nicht bloß Material, sondern ein Medium zur Gestaltung von Atmosphäre.
Der Panton Chair, den er 1960 entwarf und 1967 gemeinsam mit Vitra in Serie brachte, war in diesem Sinne nicht nur ein Möbelstück, sondern ein technisches und gestalterisches Statement. Es war der erste Freischwinger-Stuhl, der vollständig aus einem Stück Kunststoff gefertigt wurde – ohne Beine, ohne sichtbare Verbindungen, vollkommen skulptural. Seine geschwungene S-Form folgt einer organischen Logik, ist ergonomisch und stapelbar. Der Stuhl wirkte damals wie ein Objekt aus der Zukunft, als käme er direkt aus einem Science-Fiction-Film – und genau das war auch Teil seiner Wirkung: Er verkörperte eine neue Vorstellung von Wohnen, von Körperhaltung, von Ästhetik.

Verner Panton auf einem Element seiner Welle, Abbildung Copyright Verner Panton Design AG
Doch Panton begnügte sich nie mit dem einzelnen Objekt. Sein eigentliches Ziel war der Raum als ganzheitliches System, in dem Möbel, Leuchten und Wandgestaltung ein immersives Erlebnis formen. Diese Idee zeigt sich besonders eindrucksvoll in seinen Visiona-Installationen, die er zwischen 1968 und 1970 für die Firma Bayer AG konzipierte. Besonders die Visiona 2, präsentiert zur Kölner Möbelmesse 1970, markiert den Höhepunkt dieser Denkweise: Panton verwandelte das Innere eines Rheinschiffs in eine kaleidoskopartige Wohnlandschaft aus modularen Schaumstoffmöbeln, intensiven Farbverläufen und sorgfältig inszenierter Beleuchtung. Möbel, Textilien und Lichtquellen wurden zu einer organischen Einheit verschmolzen – der Raum war kein Container mehr, sondern eine Bühne für ein neues Lebensgefühl. In diesen Installationen fanden Pantons Möbel und Leuchten ihren eigentlichen Ausdruck. Der Panton Chair wurde in satten Farben wie Orange, Violett oder Türkis präsentiert, gruppiert zu farbintensiven Wohninseln, kombiniert mit flächigen Teppichen und skulpturalen Leuchten. Besonders markant war dabei die Verwendung seiner VP Globe – einer Hängelampe aus Acrylglas, die nicht nur Licht spendet, sondern es im Raum schweben lässt. Ihre transparente Kugel enthält mehrere Reflektorscheiben, die das Licht filtern, lenken und zum Teil farbig brechen – ein mobiles Lichtobjekt, das den Raum aktiv gestaltet.
Die ebenfalls ikonische Panthella-Leuchte, die Verner Panton 1971 für Louis Poulsen entwickelte, zeigt eine andere, subtilere Seite seines Schaffens. Ihr pilzförmiger Schirm und der organische Sockel sorgen für eine gleichmäßige, indirekte Lichtverteilung, die sich ideal in seine visionären Wohnlandschaften einfügte. Auch sie ist mehr als eine Leuchte – sie ist eine Fortsetzung der Formensprache, die sich in seinen Möbeln, Stoffen und Installationen wiederfindet. In all seinen Entwürfen – ob Sitzobjekte wie der Living Tower oder textile Raumelemente wie die wellenförmigen Wandpaneele der Visiona – war Verner Panton nicht an Stilfragen interessiert. Ihm ging es um Wirkung. Um Emotion. Um die Gestaltung einer Atmosphäre, in der Licht nicht bloß Funktion hat, sondern Stimmung erzeugt. Er setzte auf starke Farben, auf das sinnliche Moment, auf den Raum als Erlebnis. Sein bekanntes Zitat „Man sitzt bequemer auf einer Farbe, die man mag“ ist mehr als ein Bonmot – es ist eine zutiefst ernst gemeinte gestalterische Haltung.
Noch heute wirken Pantons Möbel und Leuchten nicht nur zeitlos, sondern geradezu futuristisch. Sie erinnern daran, dass Design nicht nur Problem, sondern auch Möglichkeit ist. Dass Räume nicht nur gebaut, sondern inszeniert werden können. Und dass Licht – richtig eingesetzt – ein Raumkörper ist, der unsere Wahrnehmung grundlegend verändert. Neben seiner Arbeit als Möbeldesigner, war Panton auch als Innenarchitekt tätig und entwarf unter anderem im Jahr 1969 die Kantine des Spiegel-Verlagshauses in Hamburg. 1984 nahm Panton eine Gastprofessur an der Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main an. Er starb 1998 in Kopenhagen.

Verner Panton Installation der Modemarke Prdaa mit dem Inflatable Stool - diese Edtion gab es in Deutschland exklusiv bei Markanto